SPD-Kreistagsfraktion informiert sich über Pflegesituation im Landkreis Emsland

Bild: Pexel: Matthias Zomer

Einen Einblick in die Pflegesituation in Deutschland im Allgemeinen und speziell im Emsland hat Prof. Dr. Rosa Mazzola, Professorin für Pflegewissenschaft an der Hochschule Osnabrück, der SPD-Kreistagsfraktion gegeben. Der Tenor: Wenn wir als Gesellschaft gelingend altern wollen, benötigt das Thema Pflege mehr Programmatik und muss sich als Querschnittsthema in allen Lebensbereichen wiederfinden. 

Die Lebenserwartung und Alterung in Deutschland steigen kontinuierlich. Damit nimmt das Thema Pflege immer mehr an Bedeutung zu. Seit Jahren wächst die Zahl der Pflegebedürftigen, also der Menschen, die wegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen dauerhaft Hilfe benötigen. Rund vier von fünf Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause versorgt. Meist erfolgt die Pflege durch pflegende Angehörige. Häufig unterstützt sie dabei ein ambulanter Pflegedienst. Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen machen rund ein Fünftel der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland aus.

Die Menschen im Emsland altern ähnlich dem Bundesdurchschnitt, dennoch gibt es Unterschiede zu anderen Regionen. Der Anteil pflegebedürftiger Personen, die zu Hause von Angehörigen gepflegt werden, ist im Emsland (noch) höher als auf Bundesebene. Auch der Fachkräftemangel ist in der Region weniger stark spürbar. Viele Pfleger*innen im Emsland möchten in ihrem Beruf bleiben und ziehen aus familiären Gründen kaum aus der Region weg. Dennoch bedarf es neuer Ansätze, damit die Pflegesituation stabil bleibt und die Region der zu erwartenden steigenden Anzahl Pflegebedürftiger in den nächsten Jahrzehnten gewachsen ist.

Noch immer sind pflegende Personen, ob Angehörige oder Fachkräfte, meist weiblich. Ein Großteil von ihnen arbeitet in Teilzeit, um Familie bzw. Pflege und Beruf vereinbaren zu können. Verbesserte Bedingungen in der Kinderbetreuung, u.a. am Wochenende und nachts, würde für arbeitende Frauen hilfreich sein. Hier sieht Rosa Mazzola großes Potenzial, da eine verbesserte Kinderbetreuung dafür sorgen könnte, dass mehr Frauen von einer Teilzeit- zu einer Vollzeittätigkeit wechseln.

Ein weiterer Punkt: Menschen höheren Alters sollten stärker unterstützt werden, um möglichst lange selbstständig in ihrem Zuhause leben zu können. Dazu bedarf es jedoch längerfristiger Planung von Wohnquartieren. Werden zum Beispiel Straßenbeleuchtungskonzepte, ausreichend breite und flache Gehwege und vor allem Nachversorgungszentren in unmittelbarer Wohnortnähe frühzeitig bedacht und Mobilitätskonzepte ausgeweitet, gelingt auch die gesellschaftliche Teilhabe und die ältere Person ist deutlich später auf fremde Hilfe angewiesen.

Ist ab einem gewissen Punkt dann doch die Unterstützung von Angehörigen für die Bewältigung des Alltags notwendig, sind die pflegenden Personen oft überfordert. Bessere Informationsmöglichkeiten, die frühzeitig und umfassend stattfinden, könnten helfen. Rosa Mazzola befürwortet daher den Ausbau von Pflegestützpunkten in der Region.  Möglichst jeder Ort sollte eine solche Anlaufstelle zur Verfügung stellen.

Bedarf es irgendwann einer professionellen Pflege, ambulant oder stationär, sollte auch im Emsland an einigen Stellschrauben gedreht werden. Kleinere Einrichtungen, möglichst wohnortnah, mit gut qualifizierten Angestellten sollten dafür Sorge tragen, dass jede zu pflegende Person in Würde altern kann. Bei der Planung von Pflegeeinrichtungen sind dabei die Rechte der Bewohner auf Selbstbestimmung ebenso zu berücksichtigen wie bauliche Gegebenheiten wie zum Beispiel Hitzeschutzkonzepte.

Grundsätzlich benötigt das Thema Pflege mehr Raum in allen Bereichen. Wird frühzeitig begonnen, an neuen, ganzheitlichen Konzepten zu arbeiten, wird das Altern der Gesellschaft weniger teuer und für jeden einzelnen deutlich lebenswerter.